Statistiken
In der ersten Phase der Diskussion um die MiĂbrauchsfĂ€lle in der kath. Kirche waren es vor allem die geistlichen Vertreter der kath. Kirche, die in den Medien darauf hingewiesen haben, dass die Taten innerhalb der kath. Kirche nur einen sehr kleinen Anteil an der Gesamtzahl der sexuellen MiĂbrauchsfĂ€lle in Deutschland ausmachen wĂŒrden. Bemerkenswert dabei war, es wurden zwar immer minimale Prozentzahlen genannt, eine Quelle fĂŒr diese Daten blieb dabei stets unerwĂ€hnt.
Derzeit (im Jahr 2011) wird die Diskussion vor allem durch die merkwĂŒrdigen Zahlenspiele des Journalisten Matussek bestimmt, der den Anteil der MiĂbrauchsfĂ€lle innerhalb der kath. Kirche im Vergleich zur Gesamtgesellschaft auf 0,1 Prozent heruntergerechnet hat. Wohlweislich nennt auch er keine Quelle.
Zu dieser Thematik sind folgende Ăberlegungen wichtig:
Sofern es aktuelle exakte staatliche Statistiken geben mag, werden sich diese im Normalfall immer nur auf rechtskrĂ€ftig verurteilte StraftĂ€ter beziehen. Selbst ein Freispruch âmangels Beweisenâ wird in einer sorgfĂ€ltig gefĂŒhrten Statistik nicht gefĂŒhrt werden.
D.h. ein TĂ€ter, der âinnerhalbâ der kath. Kirche gestĂ€ndig war oder ĂŒberfĂŒhrt wurde, möglicherweise sogar innerkirchliche Sanktionen erfahren hat, aber nicht vor einem ordentlichen Gericht angeklagt und verurteilt wurde, wie das bei Taten auĂerhalb der kath. Kirche ĂŒblich ist, fĂ€llt bereits aus dieser Statistik heraus. Ganz zu schweigen von den vielen FĂ€llen, die innerhalb der kath. Kirche durch âVersetzungâ und andere VertuschungsmaĂnahmen geregelt wurden, ohne dass auch nur ernsthafte kirchenrechtliche Sanktionen ergriffen wurden. Von Verfahren vor ordentlichen Gerichten wurde in diesen FĂ€llen gĂ€nzlich Abstand genommen. Da lĂ€sst sich mit Statistiken naturgemÀà ein âharmloses Gesamtbildâ erzeugen das mit den wahren Geschehnissen nur noch wenig zu tun hat.
Völlig auĂer Acht gelassen wird bei der schiefen Argumentation mit Statistiken auch die Frage, wie die Geschehnisse in die Statistik eingebracht werden. Einfach ist das bei einem TĂ€ter, der einen einmaligen Missbrauch durchgefĂŒhrt hat, zur Anzeige gebracht wurde und dafĂŒr von einem ordentlichen Gericht rechtskrĂ€ftig verurteilt wurde: das ist ein Fall fĂŒr die Statistik.
Aber wie wird ein WiederholungstĂ€ter mit einem Opfer in der gleichen Statistik gefĂŒhrt ? Einmal oder nach Anzahl der ausgeĂŒbten Taten, und wie verhĂ€lt es sich dann mit TĂ€tern die sich mehrfach an verschiedenen Opfern vergangen haben, und teilweise auch noch zu sehr unterschiedlichen Zeiten und an verschiedenen Orten.
Alle diejenigen, die sich dazu versteigen, mit Statistiken Beschwichtigung zu betreiben, sollten vorher veröffentlichen auf welche Statistiken sie sich berufen und wie diese Statistiken gefĂŒhrt werden. Jede andere Vorgehensweise ist unseriös und dient nur wieder der Verschleierung.