Im Auftrag Ihrer Kirche Herr Matussek ?
Nachdem sich die katholischen Allzweckwaffen zum Thema sexueller Missbrauch in der katholischen Kirche in den Personen, des Trierer Bischof Stephan Ackermann (der Mißbrauchsbeauftragte der Deutschen Bischofskonferenz) und des Abtprimas der Benediktiner Notker Wolf als offensichtliche Fehlbesetzungen zum Thema präsentiert hatten, muß die Verharmlosungskampagne offensichtlich von ebenso ungeeigneten katholischen Laien weitergeführt werden, damit die geistlichen Vertreter nicht vollends blamiert sind. Wie sonst soll der halbwegs intelligente Mensch die medialen Auftritte des „Journalisten“ Matussek in den letzten Wochen interpretieren, oder sollte es am Ende doch nur darum gehen die Verkaufszahlen eines Buches in die Höhe zu treiben, weil die potentielle katholische Käuferschicht mittlerweile so ausgedünnt ist, dass der Autor andernfalls am Hungertuche nagen müsste? Wenn dem so sein sollte, dann wäre das doppelt fatal:
Wenn er katholische BĂĽcher schreibt – seine Angelegenheit und vielleicht noch Angelegenheit seiner katholischen Kirche – wenn er aber in öffentlichen Auftritten ausgerechnet die Opfer des sexuellen Missbrauchs und der erzieherischen Gewaltexzesse innerhalb der katholischen Kirche dazu benutzt, um öffentliche Aufmerksamkeit auf sein Buch zu lenken, dann macht er sich zum billigen Handlanger der Vertuscher und Verleugner in dieser katholischen Kirche. Wenn er meint, die katholische Kirche sollte sich mit „wichtigeren Themen“ befassen, so mag er aus katholischer Sicht Recht haben und dort sein Buch anpreisen. Der sexuelle Missbrauch und die Gewaltexzesse, die in den letzten Jahrzehnten im Rahmen katholischer Schulen und Institutionen stattgefunden haben, sowie die innerkirchlichen Vertuschungsversuche bleiben ein Thema, das die Gesamtgesellschaft angeht und dort diskutiert werden muĂź. Und wer fĂĽr sich die alleinige moralische Wahrheit in Anspruch nimmt, wie das vor allem geistliche Vertreter dieser katholischen Kirche regelmäßig öffentlich kundtun, der muĂź sich auch die öffentliche Diskussion um die größtenteils strafrechtlich verjährten Taten und den innerkirchlichen Umgang damit gefallen lassen, selbst wenn es sich nur um eine einzige Tat gehandelt hätte.
Aber es scheint eben doch so zu sein, dass wieder ein weiterer Anlauf gemacht werden soll, sexuellen Missbrauch und Gewalterziehung innerhalb der katholischen Kirche zu verharmlosen und zu verdrängen und nachdem die geistlichen Herren über Jahresfrist damit gescheitert sind, muß halt jetzt der nächste „katholische Laie“ an die Vertuschungsfront. Aber zu durchsichtig sind die kläglichen Versuche, die Untaten vergangener Jahre kleinzureden. Hatte man bisher gedacht, dass Mitarbeiter der Spiegel-Redaktion über ein Mindestmaß an Intelligenz verfügen müssten, so lässt Herr Matussek jetzt an dieser Annahme zweifeln. Wie anders ist es zu erklären, dass er der Öffentlichkeit glauben machen will, dass lediglich 0,1 Prozent aller Mißbrauchsfälle innerhalb der katholischen Kirche stattgefunden hätten. Woher hat er diese Zahlen? Diese Auskunft blieb er schuldig. Woher weiß Herr Matussek, dass sich die übrigen 99,9 Prozent der Fälle ausgerechnet „in protestantischen Glaubensgemeinschaften, in Rudervereinen und in erster Linie in den Familien ereignen“. Genau mit dieser Art der Aufzählung hat sich der Herr selbst entlarvt, es geht ihm letztlich um Kampagne. Ob zugunsten der katholischen Kirche oder zugunsten seiner verkauften Buchauflage bleibt hier unerheblich, denn er tritt als „bekennender Katholik“ auf und in beiden Fällen ist sein Verhalten einfach nur schäbig: Kampagne auf Kosten der Opfer von sexuellem Missbrauch und Misshandlung. Möglicherweise wären bei diesem Herren Erziehungsmaßnahmen aus den öffentlichen Schulen des vorletzten Jahrhunderts angebracht. Nein, nein, kein Rohrstock – einfach nur die Kappe mit den Eselsohren auf den Kopf und in die Ecke stellen, neben der großen Tafel, und dann ein paar Stunden schämen – aber ob das noch helfen würde?