Ein letztes Halali? (12.01.2016)

Es ist mittlerweile zur Realsatire geworden: Das ungleiche Duo Georg Ratzinger und sein Haus- und Hofschreiber Karl Birkenseer (seines Zeichens „Journalist“ bei der Passauer Neuen Presse), aber offensichtlich Zwillinge im Geiste. Die Zeitung hatte bereits am Sonntag nach der ersten Pressekonferenz von Rechtsanwalt Weber, bei der erhebliche Vorwürfe gegen Ratzinger thematisiert wurden, das Interview für den nächsten Tag angekündigt. Seit gestern steht fest: dazugelernt haben beide nicht.
Karl Birkenseer selbst ehemaliger Domspatz der 1960er und 70er Jahre und langjähriger Domspatzenfunktionär spielt wieder den „unabhängigen Journalisten“, Georg Ratzinger das nichtsahnende Unschuldslamm. An dieser Stelle muss nicht alles wiederholt werden, was über dieses Duo und seine Verflechtungen an anderer Stelle bereits ausführlich beschrieben wurde (regensburg-digital: link siehe am Ende des Artikels). Aber die Masche des Interviews ist wieder dieselbe wie im Jahre 2010.
Birkenseer übt schon bei der Fragestellung vorauseilende Vorzensur. Bei der Frage an Ratzinger nach Mitwisserschaft um sexuellen Missbrauch in seiner Amtszeit reduziert Birkenseer vorliegende Fakten auf einen einzigen Fall von Mitwisserschaft über sexuellen Missbrauch. In der Quelle auf die er bei der Fragestellung Bezug nimmt, ist von zwei unterschiedlichen Fällen von sexuellem Missbrauch die Rede, bei denen die Eltern der betroffenen Schüler mit Ratzinger gesprochen haben. Er hat „keine Erinnerung“ mehr ist Ratzingers Antwort. Und mit dieser Antwort hat er sich selbst entlarvt. Obwohl das Interview auf schriftlichem Wege geführt wurde, hatte er bei der ersten allgemeingehaltenen Frage geantwortet:
„Von sexuellen Missbräuchen habe ich überhaupt nichts gehört in meiner Zeit. Mir ist nicht bekannt geworden, dass sich ein sexueller Missbrauch ereignet hätte.“
Erst behauptet er von sexuellem Missbrauch „nichts gehört“ zu haben, ein paar Fragen später beruft er sich auf fehlende Erinnerung. Nur eine von beiden Möglichkeiten könnte der Wahrheit entsprechen. Gleiches bei den Fragen zur körperlichen Gewalt. Obwohl es über Jahrzehnte immer wieder von Schülern in Regensburg thematisiert worden ist, wie schlimm es in der Vorschule Etterzhausen/Pielenhofen zuging, beruft sich Ratzinger auf Unwissenheit oder auf mangelnde Möglichkeiten einzugreifen. Deshalb hier noch einmal: Ratzinger war über Jahrzehnte personell in beiden Stiftungen installiert, einmal davon abgesehen dass sein Wort als Domkapellmeister ohnehin erhebliches Gewicht hatte. Desweiteren beschönigt Georg Ratzinger auch weiterhin seine eigenen Gewaltausbrüche erheblich, und bestreitet auch sein Beisein bei einzelnen Gewaltaktionen des Vorschulinternatsdirektors Meier. So hat ein erster Betroffener entschieden, dass wir seinen Bericht, wie er auch dem Bistum vorliegt hier veröffentlichen dürfen (Link am Ende des Artikels), damit sich die Leser ein eigenes Bild machen können. Wir werden in den nächsten Wochen alle Betroffenen anschreiben, die uns in den letzten Jahren ihre Berichte zugesandt haben und um Freigabe bitten, damit wir möglichst viele davon veröffentlichen können.
RA Weber hat uns beim ersten Sondierungsgespräch seine Arbeitsweise erklärt. Dazu gehört auch alle als Täter beschuldigte Personen (soweit ihm das ermöglicht wird) zu kontaktieren und zu den jeweiligen Berichten anzuhören. Wir gehen davon aus, dass er das im Fall von Georg Ratzinger auch versucht/erreicht hat, immerhin ist er ja im Auftrag des Bistums und der Institutionen der Domspatzen unterwegs. Dann müsste er sich bei dieser Gelegenheit ja zu den Vorwürfen geäußert haben oder hat er nichts gesagt, wie so viele andere vorher auch in den Gesprächen mit der Gewaltbeauftragten. Das hätte Georg Ratzinger mal mitteilen können, wenn er sich von RA Weber tatsächlich ungerecht behandelt fühlt. Oder steckt doch vielleicht etwas anderes hinter dem Interview? Es sind die Institutionen der Domspatzen und das Bistum, die RA Weber beauftragt haben. War man bei den Domspatzen vielleicht so entsetzt über die ersten Zahlen die RA Weber ermittelt hat, dass man jetzt zurückrudern will? Ist das Interview der Einstieg in ein Ausstiegsszenario in Sachen „Aufklärung“? Immerhin ist der „Journalist“ Karl Birkenseer gleichzeitig im Stiftungsrat wie auch im Vereinsvorstand installiert. Vor dem Hintergrund dieses Gefälligkeitsinterviews durch einen Domspatzenfunktionär klingen die Entschuldigungen und Aufklärungsbekundungen der letzten Monate nur noch wie leere Versprechungen. Oder ist das Duo Georg Ratzinger/Karl Birkenseer tatsächlich nur noch ein zurückgebliebener Rest einer jahrzehntealten Vertuschungskultur in den Institutionen der Regensburger Domspatzen, die mit einem letzten Halali noch einmal die „Getreuen“ um sich scharen wollen? Dies ist schnellstens zu klären.
Bistumsleitung wie auch die Domspatzeninstitutionen sind aufgefordert sich in den nächsten Tagen öffentlich zu erklären, wenn sie glaubwürdig bleiben wollen.

http://www.intern-at.de/original-schuelerberichte/01-misshandlung-im-vorschulinternat/

http://www.regensburg-digital.de/ein-steg-ueber-den-gemeinsamen-domspatzen-sumpf/15122015/